
Vorweg etwas zur grundlegenden Klärung einer grundlegenden Problematik.
Ihr habt alle diese beiden threads verfolgt:
1. karneolachat-oder-karneol-in-achat-t15636.html
Da fragte Schnee-eule: "Ich bin mir nicht sicher, ob er mit seinem relativ geringen Karneolanteil noch als Karneolachat zählt"
2. hab-auch-noch-welche-t15637.html
Hier hatte ich den Stein als Tigereisen Trommler identifiziert.
Da fragte dann Steinlein: "Jetzt frag ich mal ganz blöd: Müsste da dann nicht auch Tigerauge drin sein? Oder seh ich's nur nicht?"
Beide Fragen haben etwas gemeinsam. Die Unsicherheit. Und die nährt sich eben daraus, dass viele Händler oder Buchautoren versuchen, Steine zu klassifizieren, ihnen einen eindeutigen Namen zu geben, ohne auch nur einen blassen Dunst von den Grundlagen zu haben. Und das führt zwangsläufig zu einer großen Unsicherheit. Beispiel Tigereisen: Viele haben die Vorstellung, dass Tigereisen eben auch Tigerauge enthalten muss. Und das "muss" ist das Problem. Denn es gibt Tigereisen mit Tigerauge und Tigereisen ohne Tigerauge. Solange man keine Vorstellung davon hat, was Tigereisen mineralogisch eigentlich ist, solange wir man eben im Dunkeln tappen.
Bringen wir also Licht ins Dunkel.
Es geht um 4 Steine, die alle ähnlich sind und mineralogisch zusammengehören:
Tigerauge, Falkenauge, Tigereisen, Pietersit.
Wobei das schon wieder Idealisierungen sind. Viele von Euch kennen ja auch gemischte Steine aus Tiger- und Falkenauge.
Trotzdem sind die Idealisierungen wichtig fürs Verständnis.
Was sind das also für Steine und wodurch zeichnen sie sich aus?
Tigerauge, Falkenauge, Tigereisen, Pietersit:
Alle:
- sind relativ warm in der Farbgebung: Rot, goldgelb, honigbraun, braunschwarz bis hin zu Blautönen.
- sind opak, also nichts durchsichtiges dabei
- haben ein optisches Merkmal: Chatoyance. Katzenaugeneffekt. Also ein schimmernder Lichteffekt.
- haben diese feinfaserigen Minerale, die eben für den Katzenaugeneffekt verantwortlich sind
- haben eine ähnliche Entstehungsgeschichte (wobei der Pietersit ein wenig komplizierter ist)
- haben hohe SiO2- (also Quarz) Anteile
- verdanken ihre Farben dem gleichen Element, nämlich Eisen. Allerdings in verschiedenen Oxidationsstufen
Und jetzt versuchen wir, die Entstehung einfach zu erklären:
Lagige Eisen-reiche Sedimentgesteine. Da liegen entweder schon Klüfte (also parallele Hohlräume) vor oder bilden
sich im Laufe der Zeit. In diesen Klüften kristallisieren parallel verwachsene feinfaserige Kristalle (das ist eine Hornblende).
Diese Hornblende ist meist von Natur aus blau oder blau-grau. So....damit hätten wir schon das Falkenauge.
Das Eisen im Falkenauge liegt größtenteils als sog. Fe2+ vor. Das macht die Hornblende-Fasern blau.
Jetzt lassen wir ein paar hunderttausend Jahre Erdgeschichte vergehen......und "verwittern" das Fe2+ zu Fe3+....
dann wird das Zeug gelb-braun. Das Tigerauge ist geboren. Und somit auch die Erklärung für Gesteine, die teils aus Falkenauge
und Tigerauge bestehen: Das sind nämlich einige Bereiche oder Lagen unverändert geblieben (also Fe2+, blau, nicht oxidiert) und
wieder andere Bereiche verändert worden (also Fe3+, gelb-braun, aufoxidiert). Wenn man das nun verstanden hat, dann braucht man
nicht mehr die Frage stellen: Ist das jetzt noch ein Falkenauge oder schon ein Tigerauge ?

Und die Entstehungsgeschichte erklärt das sehr einfach.
So....bisher sind wir nur von einfachen Eisen-reichen Sedimentlagen ausgegangen. Nehmen wir eine geologisch kompliziertere Formation, dann kann es da auch Lagen von schwarzem Magnetit dazwischen geben. Und mehr ursprünglichen Quarz. Das Falkenauge ist aber auch mit dabei. Und dann ? Dann gibts durch Umwandlungsprozesse im besten Falle "ideales" Tigereisen mit rotem Jaspis (aus dem ursprünglichen Quarz), mit schwarzen Magnetit Bereichen und mit Tigerauge-Lagen (aus dem ursprünglichen Falkenauge). Damit wird auch klar:
Nicht jedes Stück Tigereisen muss auch Tigerauge enthalten. Wenn Ihr den kleinen Trommler von Steinefee hernehmt: Das ist ein kleiner Stein aus einer groooßen Tigereisen Formation. Und da gibts natürlich Bereiche im cm-Maßstab, die kein Tigerauge enthalten.
Zum Abschluss der Pietersit:
Genese: Falkenauge teils umgewandelt zu Tigerauge. Und dann passierte etwas was ihr von Brekzienjaspis oder Trümmerjaspis kennt:
Das Gestein wurde durch spezielle geologische Prozesse zertrümmert und zermalen und ist wieder rekristallisiert.
Ist dann also -um es bildlich auszudrücken- ein Brekzienjaspis mit Tiger- bzw. Falkenauge.
Wie sagte Reich-Ranicki immer so schön am Ende des Literarischen Quartetts:
"Nun sehen wir...betroffen....den Vorhang zu...und alle Fragen noch offen "
Ich hoffe, euch geht es nicht so und Ihr habt was dazu gelernt.