Wochenrune 5: Tiwaz
Aus dem altenglischen Runengedicht:
Tir ist ein leitender Stern, der den Prinzen Treue hält.
Er ist immer auf seinem Weg
über den Nebeln der Nacht, und versagt nie.
Götter: Tyr
Bedeutungen des Wortes: Gerechtigkeit, Würde, Zielstrebigkeit, Kampf, Pfeil, Speer, Tatkraft, Vorwärtsstreben
Stand im Runen-Alphabet
tiwaz ist die siebzehnte Rune des 24er-futhark, die erste Rune im dritten Aett, dem Aett des Gottes Tyr, oder auch dem Aett der Menschen.
Bedeutung der Rune / Interpretation:
Schon auf den ersten Blick fällt dem Betrachter eine der Hauptbedeutungen der Rune tiwaz auf. Sie sieht aus wie ein Pfeil, oder Speer, der aufgerichtet dasteht und zum Himmel zeigt. Wofür steht nun das Symbol des Pfeils? Einmal ist es das Attribut des Gottes Tyr, des ältesten namentlich überlieferten Gottes der germanischen Mythologie. Im Altenglischen und Altnordischen trägt die Rune sogar den gleichen Namen wie der Gott. In der Germania von Tacitus wird er mit dem römischen Gott Mars gleichgesetzt. Das Pfeilsymbol der Rune tiwaz entspricht auch dem astronomischen Zeichen für den Planeten Mars. Tatsächlich ist Tyr auch der Gott des Kriegs. Er unterscheidet sich zu Mars jedoch in der Hinsicht, dass er auch gleichzeitig der Gott des Rechts und der Gerechtigkeit ist, und er daher nur für Kriege einsteht, die geführt wurden um Gerechtigkeit wieder herzustellen. (Krieg = "vápnadómr" = Rechtsprechung durch Waffen). Man geht davon aus, dass Tyr der älteste Gott der nordischen Mythologie ist und daher zunächst die Funktion innehatte, die später Odin übernahm, nämlich die des Himmelsgottes oder Allvaters. In der germanischen Mythologie opfert Tyr eine seiner Hände, um den Fenriswolf durch die magischen Fesseln binden zu können.
Tyr – auch Zio genannt – hat ein weibliches Ebenbild, die Göttin Zisa. Über sie ist nicht viel bekannt. Der Autor Jan Fries interpretiert Tyrs Rolle in einer interessanten Weise:
Der Name Tyr, oder Tiwaz stammt von dem Wort "Twisto" ab, was soviel wie "Zwitter" bedeutet. So vereinte Tyr zu Beginn beide Geschlechter in sich. Durch die Opferung seiner Hand gibt er einen Teil – den weiblichen – von sich ab. Er wird zu einem rein männlichen Gott. Ein wichtiges Symbol der Weiblichkeit, nämlich den Zyklus und die Menstruation, verliert er damit. Es wird dadurch ersetzt, dass Tyr nun zu einem Gott des Blutvergießens, also des Krieges, wird.
Interessant ist, dass die Rune, die auf tiwaz folgt eine sehr weibliche Rune ist. berkana steht auch für die Muttergöttin und zeigt auch hier einen Zusammenhang. Der Himmelvater und die Erdgöttin zeugten zusammen Menschen und Tiere (die dritte und vierte Rune des 3. Aett)
Das Pfeilsymbol von tiwaz steht außerdem für die Eisenzeit. In dieser Zeit konnte man bessere Werkzeuge und auch Waffen herstellen, was dazu führte, dass die Kriegführung eine Andere wurde. In dieser Zeit entwickelten sich auch innerhalb der Gesellschaft neue Konzepte von Herrschaft und Gerechtigkeit. Der Gott Tyr wurde über einen langen Zeitraum bei allen Arten der Rechtsprechung, bei Vertragsabschlüssen oder beim Ablegen von Eiden angerufen.
tiwaz zeigt aber nicht nur den Speer oder Pfeil. Mann kann die Rune auch als Irminsul (Weltensäule in der germanischen Mythologie, auch ein Zeichen für Yggdrasil, den Weltenbaum) betrachten, die das dachförmig über ihr liegende Himmelsgewölbe stützt, die Trennung von Himmel und Erde und damit auch die Ordnung der Welt aufrecht erhält. Wäre sie nicht, würden Himmel und Erde aufeinander fallen.
Im oben genannten altenglischen Runengedicht wird eine weitere Bedeutung von tiwaz deutlich. Sie steht für einen Stern, der uns auf dem richtigen Weg leitet und auf den man sich immer verlassen kann, da er nie falsch liegt. Der verlässlichste Stern am Nachthimmel war und ist der Polarstern und man kann sich beim Anblick des Pfeilsymbols auch vorstellen, dass auf der Pfeilspitze der Polarstern thront und jedem den richtigen Weg weist.
Im übertragenen Sinne stehen all diese Symbole nun also einmal für Zielstrebigkeit. So wie der Pfeil, einmal losgelassen, auf sein Ziel zufliegt, soll tiwaz dabei helfen, eingeschlagene Wege und Ziele zu verwirklichen. Ideen sollte man nicht zu lange bei sich festhalten, da sie sonst ihr Ziel nicht finden. Mit der Hilfe von tiwaz kann der richtige Moment zum Verwirklichen der Ideen gefunden werden.
Dafür braucht es manchmal aber auch eine gehörige Portion an Mut. Deshalb steht tiwaz auch für Mut und Tapferkeit – nicht nur in Kampf und Krieg, sondern überall wo Mut gebraucht wird. Mit tiwaz kann man schwierige Situationen in Angriff nehmen..
tiwaz hilft dabei, die Energien richtig einzusetzen, wenn man in einem bereich oder zu einem Thema die Initiative ergreifen möchte. Im übertragenen Sinne steht tiwaz auch für den spirituellen Krieger und hilft ihm seine schöpferischen Ideen zu verwirklichen.
Desweiteren wird tiwaz eingesetzt um Gerechtigkeit zu erlangen. Also für alle Rechtsstreitigkeiten oder Gerichtsangelegenheiten.. Sie hilft,sich in einem Konflikt korrekt zu verhalten und siegreich aus ihm herauszugehen. Sie gibt der Person die Fähigkeit faire und gerechte Urteile zu sprechen. Sie steht außerdem für Führerschaft und Autorität.
Hinter all diesen Fähigkeiten steckt auch die Vernunft und die Fähigkeit zur Analyse. Mit tiwaz handelt man nicht überstürzt. Man plant seine Vorhaben präzise und gewissenhaft. Wer klug handelt geht siegreich aus einer Angelegenheit, muss aber möglicherweise damit rechnen, ein Opfer zu bringen (so wie Tyr seine Hand geopfert hat).
tiwaz als einzelne Rune zeigt, dass man einen klaren Kopf braucht um die aktuelle Lage erfolgreich zu meistern. Sie hilft, die Ziele zu erkennen und kraftvoll darauf zu zugehen und gibt den Mut sich nicht vor den ganzen Möglichkeiten, die man auf diesem Weg hat, zu verstecken. Sie kann für den unschlagbaren göttlichen Krieger stehen,.
Die negative Seite von tiwaz steht für skrupellose Zielstrebigkeit. Außerdem deutet sie darauf hin, dass man sich womöglich mit verschiedenen Dingen verzettelt, da man vor der Handlung zunächst einmal alles übertrieben analysiert (zuviel tiwaz). Man handelt zu wenig, sieht möglicherweise das große Ganze nicht, was am Ende zu geistiger Lähmung führt. Eine Blockade von tiwaz führt zu Ungerechtigkeit, entweder in den eigenen Handlungen, oder als Ergebnis einer Angelegenheit (man ist entweder selbst ungerecht oder wird ungerecht behandelt). tiwaz zeigt auch, dass man möglicherweise zu viele Selbstopfer bringt, was den eigenen Interessen schadet (man nimmt sich und seine Wünsche und Ideen immer zurück).
Steine und Bäume, die zu Themen der Rune tiwaz passen:
Geeignet sind natürlich vor alem Steine, die zum Thema "Mut" passen. Zu nennen wären zum Beispiel der Rubin (macht tapfer und mutig), der
Granat-Pyrop (Mut) oder Almandin (stärkt vor allem wenn es darum geht eigene Ideen voranzubringen). Auch der rote
Jaspis gibt Kraft und Stärke. Smaragd hilft eigene Ziele zu verwirklichen. Dalmatinerstein wirkt ebenfalls in dieser Richtung: er hilft Schritt für Schritt (überlegt) seine Ideen tatkräftig zu realisieren.
Auch der Lapislazuli passt zur Rune tiwaz, er gilt als der Stein der Könige, ist also ebenfalls wie tiwaz ein Symbol für Führungspersönlichkeit und Autorität.
Abschließend ist auch der Mondstein passend. Er verkörpert als DER Frauenstein die verlorengegangene Seite Tyrs und gleicht eine möglicherweise zu starke männliche Macht der Rune aus.
Ein absolut passender Baum ist die Platane. Unter der Platane auf dem Dorfplatz wurde in früheren Zeiten Recht gesprochen. Sie steht auch für Respekt, Mut und Macht und ist somit auch der Baum des Gottes Tyr.
Ebenfalls erwähnt werden muss die Esche. Ihr Holz ist nahezu unzerbrechlich (unbesiegbar), sie steht für Respekt, Schutz und Sieg. Aus ihrem harten widerstandsfähigen Holz wurden früher Speere hergestellt (Thema: Krieg) und sie war bereits zu den Zeiten der Römer dem Gott Mars geweiht. In der Neuzeit kam es auf, den Weltenbaum Yggdrasil als WeltenESCHE zu bezeichnen.
Auch die Hainbuche steht für Kraft und Gerechtigkeit und die Walnuß schließlich gilt als eine Art "Schutzmann". Aus ihrem Holz wurden Griffe für Waffen und Gewehrkolben hergestellt. (auch hier wieder die Verbindung zu Krieg und Kampf).