Diese Mineralogie Grundlagen Abhandlung war ursprünglich mal ein Rätsel, welches an anderer Stelle in den Tiefen des Universums gelöst wurde

Nicht dass jetzt einer denkt...ich wäre zurück weil es woanders nicht funktioniert hat

Also....wer immer schonmal wissen wollte, was Goldener Goethit oder auch manchmal Goldenes Rutil-Engelshaar mit Eisregen und Blitzeis zu tun haben....der sollte sich jetzt anschnallen.....denn es wird ein wenig kompliziert. Ich werde trotzdem versuchen, diesen höchst interessanten Ausblick in die Thermodynamik und Kristallphysik so einfach wie möglich zu gestalten.
Wer das Rätsel schon woanders mitverfolgt hat, darf auch weiterlesen. Denn das Folgende geht weit darüber hinaus.
Los gehts:
Es handelt sich um eine Stufe mit 3 Photos:
Man sieht größere durchsichtige Kristalle (Quarz, Bergkristall) die zwei unterschiedlich aussehende Einschlüsse haben:
Einmal größere schwarze Nadeln, die sich im Inneren der Kristalle befinden und kleine goldfarbene Nadeln, die sich in den Außenbereichen der Kristalle befinden. Die goldenen Nadeln sind größtenteils orientiert gewachsen und zeichnen die Kanten der durchsichtigen Mutterkristalle nach. Das ist auch verantwortlich dafür, dass in der Übersicht etliche Kristalle gelblich, fast Citrin-ähnlich aussehen.
Beide Phasen sind Goethit. Die schwarzen Kristalle wurden früher gebildet, die goldfarbenen später. Eine wirklich ausführliche Erklärung wäre komplizierte Kristallphysik und Thermodynamik und würde viel zu weit führen. Deshalb beschränke ich mich auf das Wesentliche in Einfachheit, denn wer bis hierher mitgelesen hat, der will schließlich auch wissen, wo der Zusammenhang zum Blitzeis zu finden ist.
Dass der Goethit nun in unterschiedlichen Größen und Farben vorliegt, ist eine Frage der Unterkühlung und der sog. Nukleationsrate der hydrothermalen Lösung. Mit Nuklei (Plural von Nukleus) sind winzige Kristallisationskeime gemeint. Und die Nukleationsrate ist also so etwas wie die Anzahl der Nuklei, die in einer bestimmten Zeiteinheit gebildet werden.
Am Anfang bestand eine niedrige Nukleationsrate, die zur Ausbildung nur weniger Kristall-Nuklei führte, die dann zu den größeren schwarzen Goethit Kristallen herangewachsen sind. Am Ende der Kristallisationsphase wurde es dann richtig interessant: Hier traf dann eine unterkühlte Eisen-reiche hydrothermale Lösung auf die schon fast fertig kristallisierten Quarzkristalle. Und dann passierte das, was auch beim Eisregen und Blitzeis passiert: Die unterkühlte Lösung trifft -als Regentropfen (Eisregen) auf die Strasse- und in unserem Beispiel auf die fast fertigen Quarzkristalle. Der Kontakt der Lösung sowohl mit den Flächen als auch den Kanten der Quarzkristalle führt -ähnlich dem Auftreffen der unterkühlten Regentropfen auf die Straße- zu einer nahezu schlagartigen Bildung von Kristallisationskeimen. Der Regen "gefriert" also, ähnlich wie sich plötzlich sehr viele kleine goldene Goethit-Kristalle speziell auf den Kanten und Flächen der Quarzkristalle gebildet haben (siehe 3. Photo von oben). Und diese Goethit Kristalle sind klein, sehr dünn und somit nahezu durchscheinend. Um es nochmal klarzustellen: Der Eisregen gefriert nicht etwa deshalb so plötzlich, weil die Straße gefroren ist. Hinter dem schlagartigen Gefrieren steckt ein ganz anderes physikalisches Phänomen: Der Grund ist der, dass die Regentropfen schon eine Temperatur deutlich unter dem Gefrierpunkt haben (also unterkühlt sind), und trotzdem in der Luft flüssig bleiben, obwohl sie eigentlich schon gefroren sein müssten. Erst der Kontakt mit der Strasse führt zur schlagartigen Kristallisation. Die Straße könnte also auch einige Grad plus haben; der unterkühlte Eisregen würde trotzdem gefrieren. Und so wie die Straße für die Regentropfen fungierten die Kristallkanten- und Flächen der Quarze für die Kristallisation der winzigen goldenen Goethite.
Bringe ich noch einen Begriff ins Spiel: Innenreflexe. Das sind Lichterscheinungen, die v.a. bei opaken Mineralen auftreten. Häufig sieht man sie nur unter dem Mikroskop in reflektiertem Licht. Innenreflexe entstehen durch interne Reflexionen des Lichtes an z.B. inneren Bruchflächen, Korngrenzen etc. des Kristalls. Interessanterweise haben diese Innenreflexe immer die gleiche Farbe wie die sog. Strichfarbe des Minerals. (Ihr erinnert euch z.B. an Hämatit: Auch wenn er äußerlich schwarz ist, hat er eine rote Strichfarbe. Unter dem Polarisationsmikroskop mit reflektiertem Licht sieht der Mineraloge dann auch rote Innenreflexe beim Hämatit.)
Goethit ist opak, häufig schwarz und hat eine gelbe oder gelbbraune Strichfarbe. Wir sehen nun also schwarze, opake Goethit Kristalle in der Mitte der Bergkristalle. Und in den Außenbereichen sehr dünne, feinen Goethit Nadeln, deren goldgelbe Farbe das Ergebnis ihrer Dicke ist. Hier spielen also Effekte des Durchscheinens und der Innenreflexe einen Rolle.
Man kennt dieses Phänomen übrigens auch von Rutil. Ihr kennt die opaken, dunklen großen Rutil Kristalle (z.B. aus Namibia) und auch die goldenen Rutil Nädelchen in Quarzen (z.B. aus Brasilien); das sog. goldene Engelshaar. Die Ursachen und Effekte sind ähnlich wie bei unserem Goethit Beispiel

Für Rutil habe ich noch ein Photo, das beide Erscheinungsformen in der Gegenüberstellung zeigt: Nun muss ich aber los; mein Steuermann hat schon die Segel gesetzt....nicht dass uns Eisregen oder Blitzeis überraschen

Und nicht dass mir (wie während meiner Abwesenheit) einer der Forums-Chef-Mineralogen irgendwelche "wissende" Bekannte auf den Hals hetzt, die meinen, ich würde mich nicht wissenschaftlich genug ausdrücken



Frohe Ostern !